Abends war das Vögelchen immer noch nicht auf die Welt gekommen. Elias saß in seinem Zimmer und machte Ordnung in der Garage. Er hatte zweiundzwanzig Autos und in die Garage passten nur sechzehn. Er musste sich entscheiden, welche von ihnen in den Karton kommen sollten und welche in der Garage bleiben durften. Am Ende hatte er die vier mit den meisten Beulen aussortiert, eines ohne Vorderräder und noch eines, ein rotes Feuerwehrauto, das er zwar am liebsten hatte, aber das für die Garage zu hoch war.
Draußen goss es in Strömen. Der graue Himmelskoffer öffnete sich weit, es blitzte und donnerte und auf die Erde fielen große, dicke Regentropfen. Sie peitschten gegen die Fensterscheiben und trommelten so laut auf die Dachrinne, dass Elias nicht einmal das Märchen aus seinem Kassettenrecorder hören konnte.
Er machte den Recorder aus und sah sich das Ei an, wie es zwischen den Socken lag. Es leuchtete bereits ein wenig, und der Sprung zog sich jetzt über seine ganze Länge, von der Spitze bis zum rundlichen Bäuchlein. Elias dachte nach. Wenn das Ei in der Nacht aufplatzte und das Küken schlüpfte, würde es bestimmt vor lauter Socken ganz verückt werden.
Und es könnte zwischen ihnen eingeklemmt werden und vielleicht sogar ersticken! Das musste er verhindern.
„Elias, Abendessen!“, rief die Mutter aus der Küche.
„Was brauchen kleine Vögel?“, fragte Elias, als er dem Vater gegenüber Platz nahm und den ersten Knödel anschnitt. Aus dem Knödel fiel eine Pflaume.
„Dass sie wachsen“, antwortete Vater kurz und bündig.
„Vor allem brauchen sie ein weiches Nest mit einem hohen Rand, damit sie nicht herausfallen“, sagte Mutter.
„Und weiter?“
„Sie müssen regelmäßig Essen kriegen.“
„Was für Essen?“, fragte Elias. Er häufte Quark und Zucker auf die Pflaume und steckte sie in den Mund.
„Fliegen, Würmer, Käfer“, zählte die Mutter auf. Elias spuckte die Pflaume zurück auf den Teller, schnitt sie auf und begann sie aufmerksam zu betrachten.
„Was machst du?“, fragte Vater und zog die Augenbrauen zusammen.
„Ich suche Würmer“, erklärte Elias. Aber in der Pflaume waren keine. Enttäuscht stecke er sie zurück in den Mund. „Und was ist mit Körnern?“
„Vogelküken schlüpfen im Frühling und da ist das Korn noch nicht reif“, sagte Mutter.
„Aber wenn die Menschen es ihnen geben würden, dann würden sie es doch essen, oder?“
„Und du iss auch. Damit es nicht kalt wird“, forderte Mutter Elias auf und schob den Teller näher an ihn heran. „Warum sollten die Menschen das tun? Und wie auch? Kleine Vogelkinder werden doch von ihren Vogeleltern gefüttert.“
Mutters Antwort half Elias nicht viel weiter. Er schnitt den zweiten Knödel auf und schaute zu, wie Dampf von ihm aufstieg. Er überlegte, ob es aus dem gelben Ei auch rauchen würde, wenn es aufging.
„Und was ist, wenn sie keine Eltern haben? Was wird aus den kleinen Vögeln dann?“, fragte er mit Besorgnis.
„Dann werden aus ihnen keine großen Vögel“, beendete Vater das Gespräch. Er stand auf, gab Mutter einen Kuss für das gute Abendessen und ging Nachrichten sehen.
Das Gespräch machte Elias nicht glücklich. Es war klar, dass er auf die Geburt des Vogeljungen gar nicht vorbereitet war. Er beschloss zu warten, bis die Eltern ins Bett gegangen waren. Dann würde er mit dem Nestbau beginnen.