Die Kindheitserinnerungen, oder das, was ich für Erinnerungen halte, bilden einen großen Teil meines Schreibprozesses. Einige ganz bewusst, andere unterschwellig.
Als ich die Vorbereitungen für meine ersten Geschichten traf, war die eigene Kindheit gar nicht so weit entfernt. Ich konnte damals die einzelnen Ereignisse noch ausgesprochen plastisch vor meinen Augen sehen und sogar das Echo der konkreten Sätze, die dabei ausgesprochen wurden, hörte ich noch sehr deutlich. Das führte dazu, dass ich ganze Situationen fast ohne Änderung nahm und ins Literarische übertrug. Ein Beispiel dafür ist das Kapitel Beim Chinesen gibt¥s Fische oder Das Martinsessen und ebenfalls Fünfzig Kilo – Kleinigkeit aus meinem Buch Wer spinnt denn da? Unsere Eltern haben uns tatsächlich in der Zeit des kommunistischen Regimes ab und zu in ein gutes (und damals ziemlich teures) Restaurant genommen, damit wir uns den alltäglichen totalitären Geschmack verbesserten und wieder Lust kriegten (natürlich spreche ich da nicht, oder nicht nur übers Lust aufs Essen). Genauso war es mit unserer Sehnsucht nach dem Leben auf dem Land, wo wir bei jeder Gelegenheit hinflüchteten, obwohl – oder gerade deshalb weil – wir wussten, dass die Eltern wegen ihrer Arbeit die Stadt nicht verlassen konnten. Zu meiner Beschämung muss ich zugeben, dass die Geschichte mit gestohlenen Kastanien auch authentisch war.
Im Buch Der Sommer hat Eselsohren arbeite ich mit einer anderen Art der Erinnerungen. Ich mische meine eigenen Erlebnisse mit denen von meiner Mutter, die als Mädchen in einem kleinen Dorf wohnte und wirklich einen Esel besaß. Sie erzählte mir so oft von seinen dummen und lustigen Streichen, die ihre Kindheit begleiteten, dass ich allmählich das Gefühl gewann, das alles selbst erlebt zu haben. In der Figur der Pragerin Johanka habe ich meine Beziehung zur freien Natur, zur tschechischen Landschaft ausgedrückt – dasselbe wiederhole ich, nur noch viel stärker in Entführung nach Hause.