Orangentage (2012)

Orangentage (2012)
Žánr
Bücher für Kinder und Jugendliche
Nakladatelství
Sauerländer

Seitdem er Hanka kennengelernt hat, die so wunderbar nach Orangen duftet, fühlt sich Dareks Leben perfekt an. Alles scheint sich zu fügen, und als sein Vater sich einen lang gehegten Traum erfüllt und eine Pferdefarm auf ihrem Hof aufzieht, macht Darek begeistert mit. Schon bald kennt er sich mit den verschiedenen Rassen und Temperamenten aus und hat die Vierbeiner fest in sein Herz geschlossen. In seiner Begeisterung fällt ihm erst auf, dass sein Vater möglicherweise doch von anderen Dingen als einem Leben mit Pferden träumt, als es fast zu spät ist. Welchen Plan verfolgt sein Vater mit der Farm wirklich?

Sauerländer Verlag 2012

 

 

„Oh my god, sie ist irre! Gestern hat sie noch mit Salbei gegurgelt und schau mal, was sie jetzt anstellt!“

Darek sprang schnell zum Fenster. Mit Helm auf dem Kopf stieg Hanka gerade auf das Motorrad. Sie trug eine enge Jeans und eine rote Weste, die Darek bisher nicht an ihr gesehen hatte – vermutlich von der Tante aus Prag mitgebracht. Sie machte sich wirklich gut auf der Maschine, und als sie noch die Arme um die Hüften des ledernen Fahrers legte, musste Darek zugeben, dass sie wie ein elegantes Pärchen aus der Werbung aussahen.

„Wie fängt man ´ne flotte Biene? Am besten auf die Maschine!“, ließ Mischa verächtlich fallen. „Damit habe ich nicht gerechnet, dass sich Schwesterchen so einwickeln lässt. Mein Virus muss bei ihr scheußlich mutiert sein. Voll psycho ist das!“

„Sie will halt mal Motorrad fahren, was ist dabei?“, verteidigte Darek sie. An Hanka wie an jemanden zu denken, der sich einwickeln ließ, widerstrebte ihm. „Du würdest auch mitfahren, gib’s zu.“

„Mit Schnegel? Spinnst du? Nicht mal, wenn er mich auf Knien bitten würde! Mit dem kann man doch nur im Graben landen – das ist der angemessene Platz für Schnegel. Ich wundere mich, dass Hanka das nicht einleuchtet. Na ja, wie ich sagte: niedrige Frequenz, hoher Ausschlag, da kann man nichts machen. Wenn unsere Eltern da wären, würden sie es nicht erlauben,  aber die sind einkaufen gefahren und ich …“ In Mischas Augen blitzte es plötzlich.

„Ich verbiete es ihr!“

„Du?“ Darek kicherte. „Die gibt was auf dich!“

Mischa ließ sich nicht beirren. Die Süßigkeiten hatten ihn mit explosiver Energie aufgepumpt, er war in Rage gekommen, nichts schien ihn aufhalten zu können. Nach größeren Mengen Zucker neigte er zu unvorhergesehenem Verhalten und hyperaktiven Schüben. Er riss am Fenstergriff, aber es ließ sich erst öffnen, als Mischa sich auf einen Stuhl stellte und mit aller Kraft daran zog.

Er lehnte sich weit hinaus und rief: „Hanka! Hier spricht dein Bruder! Ich und Darek ordnen dir kategorisch und unwiderruflich an …“

„Hör auf mit dem Blödsinn!“ Darek versuchte ihn vom Stuhl herunterzuziehen, aber vergeblich. Mischa hatte einen seiner Anfälle und war nicht zu bremsen.

„Mit sofortiger Wirkung verbiete ich dir strengstens auf Motorräder zu steigen, die von absoluten Idioten gefahren werden! Darek schließt sich dem Verbot an! Steig herunter und hopp, Fieber messen! Hast du verstanden?“

Darek spürte seine Wangen rot werden und überlegte, wie er aus der peinlichen Situation wieder herauskam. Zum Glück war das nicht nötig. Das Geheul des hochtourigen Motors übertönte Mischas Pöbelei so laut, dass sich Hanka nicht einmal umdrehte. Sie schaute ihrem Fahrer über die Schulter und während sie sich an seinen perfekten Rücken schmiegte und seine Hüften umschlang, entfernten sie sich bereits. Darek blickte dem roten, immer kleiner werdenden Fleck ihrer Weste noch ein paar Sekunden nach. Er versuchte sich dieses Bild als einen Bestandteil von Hankas Fotogalerie vorzustellen, auf der lichten Hälfte. Natürlich müsste sie es mit einer Sprechblase versehen, in der stehen würde: Take it on the run baby. Oder: Never look back!

 

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